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Wer, wie, was – Warum Deutschland ein offenes Handelsregister und offene Verträge braucht

Ein Großteil des deutschen Haushalts wird über Verträge mit Unternehmen abgewickelt, ein dreistelliger Milliardenbetrag, der über 30% der jährlichen Regierungsausgaben ausmacht. Wer davon profitiert lässt sich schwer herausfinden. Und ob die Entscheider in der Politik dies im Interesse der Bürger tun auch nicht. Wir Deutschen haben da ein schönes Wort, um die bevorteilende Beziehung zwischen Firmen und der Politik zu beschreiben: Vetternwirtschaft. Sie lebt von der Dunkelheit. Im sonntäglichen Tatort dann gerne auch mit Aktenkoffer in einer spärlich beleuchteten Hotelbar.

Weder die Details zu Unternehmen, noch der Vergabeprozess für die öffentlichen Verträge sind transparent einsehbar. Das Transparenzgesetz sollte das Problem für Firmendaten lösen, tat es aber nicht, auch dank der Unternehmenslobby. Vertragsdetails sind schwer zu finden, die Information limitiert. Wo bei den großen Verträgen, dank der EU Regulationen die Informationen öffentlich gemacht werden müssen, ist bei kleinen und mittleren Verträgen, die den Großteil der Aufträge ausmachen, wenig zu finden. Auf dem offiziellen Portal der Bundesregierung bund.de hat man Glück, wenn die Vertragssumme einsehbar ist.

Es wäre ein Leichtes, sich auf den Ergebnissen des Korruptionswahrnehmungsindex auszuruhen. Man ist zwar nicht erster, aber doch komfortable in der weltweiten Elite angesiedelt. Korruption, bei uns doch nicht. Oder das glauben wir zumindest. Konkret nachprüfen lässt es sich nämlich nicht.

Zumindest für das Wer wurde nun eine Lösung veröffentlicht. Dank OpenCorporates, der Open Knowledge Foundation Deutschland und Transparency Deutschland gibt es jetzt mit der Plattform OffeneRegister.de Einsicht in diese Firmendaten, und damit hoffentlich auch ein Ansporn, um dies auf Bundesebene aufzugreifen.  

Bei dem Was hinkt Deutschland weit hinterher. Länder wie Kolumbien, Paraguay und die Ukraine öffnen den ganzen Vertragsprozess, so dass ihn alle nachverfolgen können. Finnland, Frankreich, Großbritannien und Portugal sind Vorreiter in Europa. Die B20, die Wirtschaftsgruppe der G20, empfiehlt zeitnahe Informationen zu den Verträgen von Infrastrukturprojekten, von der Planung bis zur Umsetzung. Für die OECD und die EU ist dies auch die beste Praxis.

Die Veröffentlichung der Daten ist allerdings nur der Anfang. Um die offenen Daten auch tatsächlich nutzbar zu machen, braucht es auch auf technischer Ebene einiges an Modernisierung, im Besonderen ein einheitliches Identifizierungssystem für Unternehmen und für jeden Vergabeprozess, damit Informationen effizient zugeordnet werden können.

Letztendlich geht es hier nicht nur um die Vorteilsnahme und Korruption.

Es geht auch und vielmehr um die Frage, wie bessere Politik gemacht werden kann, ganz im Sinne des offenen Regierens mit dem Bürger im Mittelpunkt. Eine soziale Politik, die Lösungen entwickelt, die sich an dem ausrichten, was die Bürger brauchen. Und auch eine Wirtschaftspolitik, die innovative Firmen fördert. Und ob der Staat, Länder und Gemeinden auch tatsächlich den besten Preis und Qualität bekommen. Ist das Angebot für neue Polizeiwagen von BMW tatsächlich günstiger im Vergleich zu dem, was die Stadt München gerade zahlt? Wer kann denn nachprüfen, ob das Angebot eines Unternehmens tatsächlich so gut ist wie behauptet?

Zivilgesellschaft und Medien brauchen diese Daten, um zu informieren, und nicht zu blockieren.

OffeneRegister.de hat gezeigt, dass es geht. OffeneVerträge.de sollte jetzt als nächstes kommen.

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